Der Mehringer - Ein Situationsbericht

Text und Fotos: Ulrich Völker, Duderstadt -- erschienen im Heft 6/2001 Der Vogelfreund

Der Mehringer ist aus meiner Sicht eine der Positur-Kanarienrassen, die gerade in den letzten zwei, drei Jahren eine rasante und positive Entwicklung genommen hat. Ende der 80er bzw. Anfang der 90er Jahre wurde der Mehringer vom Zuchtfreund Karl Franke, Mehring-Öd auf den verschiedensten Schauen im Bereich der AZ und des DKB vorgestellt. Damit war nach langen Jahren wieder einmal eine neue Rasse in Deutschland erzüchtet. Schnell fand diese Rasse in den Reihen der Frisé-Kanarien-Züchter neue Freunde und in den dann folgenden Jahren stieg die Zahl der Zahl der Züchter von Jahr zu Jahr.

Nach eigenen Angaben Franke`s wurde der Mehringer aus kleinen Pariser Trompetern, Nordholländern, Farbenkanarien und
ein guter Vertreter seiner RasseGlostern erzüchtet. Bei der Zucht wendete er die Regeln der Mendelschen Vererbungslehre an und betrieb zugleich konsequente eine entsprechende Zuchtselektion. Der ursprüngliche Gedanke Frankes war, einen kleinen Frisé-Vogel zu züchten, der die voluminösen und schönen Frisuren zeigen sollte, die einen Pariser Trompeter auszeichnen, aber klein sein sollte - also einen Mini-Pariser-Trompeter. Den Namen dieser Rasse „Mehringer“ leitete er vom Namen seines Wohnortes ab - Mehring/Öd. 1993 wurde der Mehringer von dem DKB und der AZ als eigenständige Rasse anerkannt.

Bereits ein Jahr vorher, also 1992, erhielt ich von Karl Franke zwei Zuchtpaare, mit denen ich meine Mehringer-Zucht begann. Bis zu diesem Zeitpunkt wußte ich fast nichts über die Zucht von Frisé-Kanarien. Natürlich informierte ich mich bei einigen Züchtern, die mir erklärten, daß einige Frisé-Rassen bisweilen etwas kompliziert und schwierig in der Zucht sein sollen. Meine Mehringer
Stützfedern und Kopffrisur gut zu erkennenwaren da gerade das Gegenteil eines „Problemvogels“, sie präsentierten sich in der Zucht von ihrer allerbesten Seite und erwiesen sie sich als vorbildliche Eltern. Beide Paare betreuten ihre Jungen geradezu liebevoll und zogen gleich im ersten Jahr bei den zwei durchgeführten Bruten 8 bzw. 9 Jungvögel groß. Dieses gute Brutverhalten hat sich auch bei den nachfolgenden Generationen über die gesamten Jahre nicht verändert. Im Gegenteil, in den letzten beiden Zuchtjahren, also 1999 und 2000, hatte ich bei gleicher Anzahl durchgeführter Bruten auf das Zuchtpaar gerechnet mehr Jungvögel bei meinen Mehringern als bei den Glostern und die gelten ja bekanntlich als recht problemlos in der Zucht und bei der Aufzucht der Jungvögel.

Zwischenzeitlich hat der Mehringer, von Franke und später auch von anderen Züchtern immer wieder auf nationalen und internationalen Schauen vorgestellt, seinen „Siegeszug“ in einigen europäischen Ländern angetreten. In Belgien und den Niederlanden fand der Mehringer bereits kurz nach Anerkennung durch den DKB seine Liebhaber. Kontinuierlich wuchs in diesen beiden Ländern die Zahl der Züchter.
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Auf den Frisé-Schauen stellten immer mehr Mehringer-Züchter aus Belgien und den Niederlanden aus. In Italien, Österreich und auch im südlichen Europa, Spanien und Portugal, sind Frisé-Züchter von dieser Rasse geradezu begeistert. Bereits die Ankündigung des DKB Mitte des vergangenen Jahres, den Mehringer im Rahmen der COM international vorzustellen und das Anerkennungsverfahren bei der COM zu beantragen, hat in diesen Ländern zu einem großem Interesse für den Mehringer geführt.
gute Stützfedern - Hahnenfedern sind sehr gut zu erkennen Viele sind regelrecht neugierig auf den „kleinen Pariser Trompeter“, wie aus mehreren Gesprächen zu erfahren war.

Der Mehringer ist laut Standard in allen Kanarienfarben zugelassen. Auch wenn er auf den Ausstellungen meist als grünes, grün geschecktes oder auch ab und zu als aufgehelltes Vögelchen zu sehen ist, so gibt es ihn auch in anderen Farben. Mehringer in weiß, schiefer, in gelb oder gelb gescheckt, ja sogar in Opal sind bereits auf den verschiedensten Schauen zu bewundern.

Die größten Schwachstellen beim Mehringer waren bisher zum einen die Größe und zum anderen die Kopffrisur und hier insbesondere der Kragen. Bei der Größe heißt es im Standard: “Der Mehringer soll nicht größer als 13 cm sein“. Viele Züchter haben bei der Beurteilung der Größe eines Vogels enorme Schwierigkeiten, besonders dann, wenn es sich um die eigenen Vögel handelt. Dann sehen die Züchter ihre eigenen Vögel häufig mit „anderen“ Augen und dabei meist über einige Unzulänglichkeiten großzügig hinweg. Wie groß oder wie lang sind nun diese „ominösen“ 13 cm? - Ich verwende dazu ein Hilfsmittel, das im allgemeinen in jedem Haushalt oder Büro verfügbar ist, einem normalem Werbekugelschreiber, dieser hat die für den Mehringer geforderte Größe, nämlich ca. 13 cm.

In den ersten Jahren wurden auf vielen Schauen die üppiger frisierten, aber leider größeren Vögel häufig nach vorne gestellt. Hierbei wurde die Position „Größe“ nicht entsprechend berücksichtigt, so daß viele Züchter diesem Merkmal weniger Gewicht beimaßen. Die Größe war häufig nebensächlich - obwohl diese Position in der Bewertungskarte an erster Stelle steht und damit eine der entscheidenden Beurteilungskriterien des Mehringers mit der höchsten Punktzahl ausgestattet, ist. Diese Poblematik bemängelte bereits Klaus Speicher in einem Artikel des Kanarienfreund 1993, Heft 11„Der Mehringer und der Rheinländer Kanarie“.
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gute Brustfrisuren - sollte aber nicht so auf der Stange "liegen"An uns Züchtern liegt es letztendlich, durch gezielte Auslese dafür zu sorgen, daß immer mehr dem Standard entsprechend große (sprich: kleine) Vögel mit guten und vollständigen Frisuren zu sehen sind. Dieses kann nur durch eine konsequente und gezielte Auswahl der Zuchtvögel erreicht werden.

Ein weiterer „Mangel“ bei den Frisuren des Mehringers war bisher ein Teil der Kragen. Im Standard heißt esan der entsprechenden Stelle: „Der Mehringer soll einen breiten, vollen und gut frisierten Kopf aufweisen, der mit den übrigen Körperproportionen im Einklang stehen soll. .... Der Hals soll Frisuren zeigen, insbesondere einen Kragen als Übergang zum Körper“. Wer die letzten großen Ausstellungen auf denen der Mehringer zu sehen war, besucht hat, hat gerade bei der Frisur des Kragens gewaltige Verbesserungen feststellen können. Um dieses zu beurteilen, muß man berücksichtigen, daß die Kopffrisuren wie bei anderen Frisé-Rassen auch, eine der letzten Frisuren ist, die gebildet wird.

Es kommt besonders darauf an, zu welchem Zeitpunkt dieser Mehringer auf einer Ausstellung vorgestellt wird. Frisé-Vögel brauchen nun mal eine entsprechenden Zeitraum, alle ihre Frisuren vollständig und zur vollen Schönheit entwickeln zu können. Die Mehringer, die z.B. auf der Frisé-Schau in Alsdorf-Begau und auch auf der Deutschen Meisterschaft in Ulm zu sehen waren, waren, was die Frisur des Kragens betrifft, recht gute bis sehr gut Vertreter ihrer Rasse.

Die Entwicklung der Frisuren nimmt augenscheinlich eine ähnliche wie bei den Pariser Trompetern. Paul und Elise Pütz haben auf dem Züchtermeeting in Übach-Palenberg im Rahmen ihres Dia-Vortrages Bilder von Pariser Trompetern gezeigt, die 20 und mehr Jahre alt waren, bei denen die Frisuren denen des AGI recht ähnlich sahen. Diese Formen der entsprechenden Frisuren finden wir auch heute bei einigen Mehringer. Hierbei geht es besonders um den Scheitel des Mantels, der wirklich ein Scheitel sein sollte und keine Rosette wie beim AGI, und um die Brustfrisur, die nicht von außen nach innen, sondern von unten nach oben strebt. Beide Frisurenvarianten sind beim Mehringer ebenfalls zu beobachten. Hier sollten wir Züchter bedenken, daß es sich beim Mehringer um eine noch recht junge Rasse handelt und frühzeitig auf die richtigen Formen der Frisuren achten.

Wie bei allen Frisé-Kanarien so kommt es in der Schausaison auch beim Mehringer auf die Elastizität und Stabilität des Gefieders an. Gerade bei den inzwischen recht ansprechenden und voluminösen Stützfedern und natürlich auch bei den übrigen Gefiederpartien ist darauf zu achten, daß die Qualität des Gefieders lange erhalten bleibt. Ein Mehringer, der oft, vielleicht sogar zu oft, auf Ausstellungen zu sehen ist, kann dann, wenn es darauf ankommt, die geforderten Frisuren nicht mehr zeigen. Hier fehlt dem Gefieder die entsprechende Elastizität und Stabilität, die Federn hängen entsprechend locker am Vogel herab. Dieses Manko kann dann auch nicht mit Hormonen, Vitaminen oder sonstigen „Mittelchen“ behoben werden. Jeder Züchter von Mehringern, ja von allen Frisé-Vögeln, sollte genau überlegen, auf welchen Ausstellungen er welchen Vogel und wie oft dem sicherlich interessierten Publikum zeigt. Er sollte dann lieber auf eine Ausstellung verzichten, bevor er seine Vögel überfordert. Außerdem ist bereits bei der Zusammenstellung der Zuchtpartner darauf zu achten, daß diese die besten Voraussetzungen mitbringen, um eine entsprechende Gefiederqualität zu erhalten.

Eine sehr gute Möglichkeit für interessierte Züchter und Preisrichter sich weiterzubilden und zu informieren, ist u.a. der Besuch der Preisrichterschulungen, die bei den verschiedensten Spezial-Schauen in den letzten Jahren häufiger angeboten wurden. Hier erhält jeder aktuellste Informationen „aus erster Hand“. 1998 und auch 2000 wurden im Rahmen der „Frisé-Schau“ solche „Weiterbildungen“ angeboten. Leider war die Beteiligung der Preisrichter recht dürftig. Klaus Weber, Präsident des DKB und Vorsitzender der Preisrichtervereinigung FPMCE gab in anschaulicher und informativer Form Informationen, Tips und vor allem Wissen über die Frisé-Vögel an die anwesenden Teilnehmer weiter. Jeder interessierte Züchter und Preisrichter sollte solche Weiterbildungsmöglichkeiten nutzen, um z.B. die Eigenheiten einer Rasse besser kennenzulernen.
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Mitte des vergangenen Jahres beantragte der DKB bei der COM das Anerkennungsverfahren für den Mehringer. Eine Rassebeschreibung in französisch und deutsch wurde erstellt. In drei aufeinanderfolgenden Jahren müssen nun je eine Kollektion Mehringer und sieben Einzelvögel von mindestens drei verschiedenen Züchtern auf den kommenden COM-Weltschauen vorgestellt werden. Diese müssen eine Punktzahl von jeweils mindestens 87 Punkte erreichen. Fünf Zuchtrichter aus verschiedenen Ländern (außer Deutschland - da der DKB Antragsteller ist) übernehmen die Beurteilung.

Für das Anerkennungsverfahren bei der COM wurden auf dem Züchtermeeting der Frisé Freunde in Übach-Palenberg Uwe Feiter, Baesweiler, Tel. 02401/4544 und ich, Tel. 05527/ 8929 als Ansprechpartner bzw. Koordinatoren für das „Unternehmen Mehringer“ bestimmt. Nach Rücksprache mit Uwe Feiter wurde für die COM-Weltschau in Porto in diesem Jahr keine Mehringer gemeldet, weil zum einen die Zeit von der Frisé-Schau, auf der die entsprechende Vorgehensweise besprochen wurde bis zum Anmeldeschluß für die COM relativ kurz war, um noch geeignete Vögel hierfür zusammenzustellen und weil zum anderen der eine oder andere Züchter es leider vorzog, seine Vögel auf anderen Schauen auszustellen als auf der COM-Schau.

2005 findet die COM-Weltschau in Bad Salzuflen statt. Der Präsident des DKB Klaus Weber hat auf dem Züchtermeeting der Frisé Freunde klar erklärt, daß er persönlich davon ausgeht, daß nachdem die Weichen für eine Anerkennung des Mehringers gestellt wären, nun die Züchter dieser Rasse alles daran setzen müßten, daß bis 2005 in Deutschland der Mehringer anerkannt wird.

Die dafür zur Verfügung stehende Zeit ist recht knapp -trotzdem sollte es muß uns Mehringer-Züchtern gelingen, in den nächsten drei Jahren jedesmal eine entsprechende Zahl guter Mehringer auszustellen. Die entsprechende Qualität ist vorhanden. Natürlich brauchen wir dann auch das „Glück“, daß alle von uns ausgestellten Mehringer die geforderten Punkte bekommen.

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